Allgemeiner Überblick
So einfach die Ermittlung der individuell optimalen Sitzposition erscheint, so komplex wird sie bei näherer Betrachtungsweise.
Im Regelfall hat ein Fahrer drei Kontaktpunkte zu seinem Fahrrad:
Häufig kommt es vor, dass aufgrund einer falschen Sitzposition diese Kontaktstellen der Ursprung von Taubheitsgefühlen und Schmerzen sind. Ursächlich ist dabei meist ein zu hoher Druck auf Nerven- oder Blutbahnen.
Schmerzen im Rücken, Nacken und Kopf können ebenfalls ein Indiz für eine falsche Sitzposition sein.
Es gibt keine pauschalen Empfehlungen zur Beseitigung solcher Erscheinungen. Während einer Sitzpositionsanalyse muss immer der Fahrer auf seinem Fahrrad individuell betrachtet werden. Hierzu gibt es unterschiedliche Methoden, welche ich Euch nachfolgend vorstellen werde.
Die optimale Sitzposition ist immer ein Kompromiss zwischen der möglichen Leistung, dem Komfort und der Vorbeugung von Verletzungen.
Statische Methoden des Bikefittings
Unter den Experten werden immer wieder die statischen Methoden zur Sitzpositionsoptimierung diskutiert. Kurz zusammengefasst werde ich hier eine exemplarisch vorstellen: Die KOPS Methode.
KOPS = Knee over pedal spindle
Die KOPS Methode macht genau das für was sie steht: Man beobachtet in einem statischen Zustand, wie das Knie über der Pedalachse zum Stehen kommt und versucht dabei Rückschlüsse auf die Sitzposition zu ziehen. Ohne Zweifel funktioniert diese Methode schon besser als die Formale Methode. Es bleiben jedoch einige Fragen offen:
Allen statischen Methoden zur Ermittlung einer optimalen Sitzposition liegt aber noch ein weitaus schwerwiegenderer Nachteil zu Grunde:
Die Methoden sind statisch und unterstellen, dass der Fahrer sich während der Fahrt immer auf exakt derselben Position wie während des Bikefittings befindet. Nicht einmal während reiner Labortests ist dies reproduzierbar.
Es wird demnach bei allen statischen Methoden keine Rücksicht auf dynamische Interaktionen zwischen Fahrer und seinem Fahrrad genommen.
Bestimmung der Sattelhöhe mit Faustformeln
Greg Le Mond veröffentlichte, in den frühen 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts, eine Faustformel zur Bestimmung der Sattelhöhe basierend auf der Schrittlänge des Fahrers:
Sattelhöhe = 0,883 x Schrittlänge
Diese Ermittlung basiert auf einer statistischen Auswertung einer Vielzahl von Fahrern. In erster Annäherung findet diese Formel oft bei den selbsternannten Internetexperten Anwendung. Sicherlich ist die Annäherung nicht falsch. Was hier jedoch nicht berücksichtigt wird, sind die Nuancen unserer Individualität.
Allem voran die Flexibilität, der Pedaltritt und die unendliche Variation unserer Körperproportionen: lange Beine, kurzer Oberkörper, kurze Arme, lange Arme, langer Oberkörper, kurze Beine usw. Aus diesem Grunde kann dieser Ansatz nicht genau sein.
FAZIT: Quick and easy! Erste Annäherung aber keine genaue Positionierung.
Dynamische Methoden der Sitzpositionsanalyse
Eine professionelle Sitzpositionsanalyse bedient sich heutzutage immer dynamischer Methoden zur Ermittlung der optimalen Sitzposition auf dem eigenen Fahrrad.
Unabhängig vom Hersteller, werden hierbei während der Sitzpositionsanalyse bzw. des Bikefittings verschiedene Messreihen der Gelenkpunkte, Pedalkräfte und weiterer Parameter des Fahrers unter Belastung erfasst und ausgewertet. Mehrere tausend Messpunkte können so zeitgleich eingerechnet werden. Erfahrene Bikefitter können dadurch auch Rückschlüsse auf den Pedaltritt und die Effizienz deine Tretbewegung ziehen.
Die dynamischen Methoden sind das "non-plus-ultra" bei der Ermittlung der optimalen Sitzposition. Die Interpretation und Auswertung der Daten obliegt hierbei speziell ausgebildetem und geschultem Personal. Alle Hersteller dynamischer Systeme zur Sitzpositionsoptimierung lassen sich Know-How und Expertise Ihrer Bikefitter nachweisen und stellen entsprechende Zertifikate aus.